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    Guantanamo, Integration, Kurnaz, Murat Kurnaz, Religion, Terror, Terroristen
    © Jens / pixelio.de
    Nahost

    „Es könnte jeden treffen“ – Murat Kurnaz über sein Schicksal in Guantanamo Bay

    Aaron WeissBy Aaron Weiss12. November 2012Updated:11. September 20153 Kommentare5 Mins Read
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    So schnell kann´s gehn! Polizisten verkaufen Murat Kurnaz an die CIA. Für den 19-Jährigen folgen somit mehrere Jahre Folter in Guantanamo Bay. Dass er jetzt in einem Vortrag in Hamburg über seine Erlebnisse sprechen kann, verdankt er der Hartnäckigkeit amerikanischer Anwälte und den Richtern des Supreme Court. Unter dem Namen „Krieg gegen den Terror“ müssen zum Teil zu Unrecht festgehaltene Menschen in 21 Geheimgefängnissen jahrelange Folter ertragen.

    Ich dachte, verstanden zu haben, warum mein Herz damals höher schlug, als ich das Versprechen Barack Obamas hörte, Guantanamo Bay binnen eines Jahres zu schließen; das war 2009. Schlechte Haftbedingungen und ein Verfahren, das jeder Rechtsstaatlichkeit entbehrt, für Menschen, die aus den verschiedensten Teilen der Welt entführt werden, das waren meine Eindrücke. Gewiss waren einige Insassen auch selbst nicht ganz unschuldig, wie etwa Murat Kurnaz, der mit 19 Jahren, kurz nach 9/ 11 eine Reise nach Pakistan unternahm, um angeblich an einer Madrasah seinen Glauben besser kennenzulernen, so dachte ich damals. Und dann vergaß ich Guantanamo Bay und seine Schicksale, bis mir am 08.11.2012 in der Uni Hamburg mit mehreren Hundert anderen Zuhörern von Murat Kurnaz und seinem Anwalt, Bernhard Docke, das Thema und damit die Naivität meiner Vorstellungen drastisch vor Augen geführt wurden.

    Es handelte sich um eines von 21 geheimen Gefängnissen, das seit Dezember 2001 mit dem Ziel existiert, einen rechtsfreien Raum zu schaffen, in dem als eine neue Art „Nicht-Kriegsgefangene“ kategorisierte Menschen, jedes Recht auf menschenwürdige Behandlung genommen wird. Mit „erweiterten Verhörmethoden“ (praktisch Folter) sollten diese Rechtlosen zu einer Unterschrift unter die Aussage „Ich bin ein Terrorist“ gezwungen werden. Die Devise war: „Haben wir einen Terroristen auf dem Papier, dann haben wir einen Terroristen“, berichtet Murat Kurnaz aus seiner eigenen Erfahrung. Er ist humorvoll, scherzt, aber lachen habe ich ihn nicht gesehen während der zwei Stunden im großen Hörsaal. Die Geschichten der Entführungen an sich sind schon ein abgründiger Ohnmachtsalbtraum; was danach für die Gefangenen folgt, ist noch unvorstellbar schlimmer. Wenn ein in Bremen geborener Deutschtürke von pakistanischen Polizisten für  3.000 US–Dollar an die CIA verkauft wird, Folter auf eine Art und Weise erleidet, wie sie bereits von US-amerikanischen Gerichten verurteilt worden ist, zusehen muss, wie Mitgefangene zu Tode gefoltert werden, oder auch schon wegen der Haftbedingungen sterben; wenn er mitkriegen muss, wie er von Vaterland und Wahlheimat verstoßen wird, obwohl sogar seine Entführer selbst seine Unschuld festgestellt und eine Auslieferung angeboten hatten, gibt einem das vieles zu bedenken. Und so hatte auch ich die Gelegenheit, meine Ansichten in Frage zu stellen.

    Auch ich hätte von einer Sprachreise, einem Urlaub oder aus meinem Vorgarten entführt werden können. Was hätte ich empfunden, wenn ich unter einer, im Sinne einer völkerrechtswidriger Reduktion des Folterbegriffs lediglich zum Organversagen führenden, oder Schmerzen, wie sie kurz vor Todeseintritt vorkommen, auslösenden Behandlung dazu gedrängt worden wäre, eine Schuld einzugestehen, ohne eine Straftat begangen zu haben? Hätte ich Waterboarding, Elektroschocks, Hunger, Durst, Kälte und vieles mehr ertragen, ohne daran zu zerbrechen? Dieses Ohnmachtsgefühl, das entstehen muss, wenn man neun-, zwölf- und vierzehnjährige Mitgefangene sieht, die dieselbe Behandlung erfahren, ist unvorstellbar. Auf die Frage, ob er sich in Deutschland wieder wohlfühle, antwortet Kurnaz an diese jüngsten Insassen erinnernd: „Ich fühle mich hier wohl, aber der glücklichste Mensch der Welt bin ich nicht.“

    Die Entwicklungen um seine Haft herum hätten ihn am meisten verletzt. Die Verwicklungen Deutschlands und der Türkei – die einen versuchend, ihm seinen Aufenthaltstitel abzuerkennen, die anderen, sich seiner als einen vermeintlichen deutschen Spion zu entledigen – hätten sein Vertrauen in Rechtsstaatlichkeit und demokratische Ordnung erschüttert. Nach dem Motto „ blame the victim“ wurde seine Glaubwürdigkeit sogar nach der Rückkehr nach Deutschland in Frage gestellt.

    Diese Erlebnisse muss man von den Opfern persönlich hören, um einen wirklichen Einblick in die Dimension und Tragweite dieser Vorgänge zu gewinnen. Keine Handlung rechtfertigt physische und psychische Folter, schon gar nicht, wenn sie von denen ausgeübt wird, die ausziehen, um der Wahrheit, Freiheit und Demokratie zum Sieg zu verhelfen. Dass es an so einer unmenschlichen Praxis auch subtilere Formen der Beteiligung geben kann, zeigt das Verhalten der damaligen Bundesregierung, welche die Rücküberführung von Murat Kurnaz, trotz festgestellter Unschuld und Angebot durch die Amerikaner, unter dem Vorwand des Sicherheitsrisikos und seiner türkischen Nationalität ablehnte.

    „Trotz allem hat man nicht das Recht, ein Land oder ein Volk zu  hassen“, mahnt Kurnaz, und erinnert an die vielen Aktivisten in Amerika und der ganzen Welt, die sich gegen das Unrecht wenden, welches im Namen des „Krieges gegen den Terror“ begangen wurde. Sie waren es schließlich auch, die ihn mit Gottes Beistand befreit hätten; die Friedensaktivisten, die zigmal demonstrierten, die amerikanischen Anwälte, die das Recht erstritten, Murat Kurnaz besuchen zu dürfen, die Richter des Supreme Court, die urteilten, dass auch Terrorkriegsgefangene Menschenrechte haben und sich darauf berufen dürfen, kurzum die einfachen Menschen mit ihrem sozialen Engagement.  Menschen wie der Bürgermeister von Bremen, der Murat Kurnaz besuchte, und seine Wiederaufnahme in Bremen dadurch vorbildlich erleichterte, dürfen nicht die Minderheit in einer Gesellschaft sein.

    Auch in der amerikanischen Gesellschaft dürften sie es nicht sein, da die Amerikaner den Präsidenten gewählt haben, der ihnen und der Welt die Schließung Guantanamos zum Wahlversprechen machte. In seiner neuen Amtsperiode wünsche ich ihm die Kraft, alle 21 Geheimgefängnisse zu schließen, und damit neue Kraft  für seinen Ruf nach Frieden.

    „Meinen Glauben hat das nicht geschwächt; das war nicht die Schuld meiner Religion“, resümiert Murat Kurnaz. Solange der Glaube an das Gute auf der Welt bestehe, würden sich auch Menschen finden, die bereit seien, das Unrecht beim Namen zu nennen und seine Niederlage zu fordern.

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    3 Kommentare

    1. Anonymous on 13. November 2012 14:46

      Zensur

      DIB-Redaktion

    2. Anonym on 13. November 2012 14:36

      Plausibeler Artikel. Super gut geschrieben !

    3. Saliha Balkan on 12. November 2012 18:38

      Wer den Film „The Road to Guantanamo“ gesehen hat, kann vielleicht eine Vorstellung davon bekommen, wie es für Kurnaz war. Der Film ist im Jahre 2006 enstanden. Kurnaz befand sich von 2002 bis 2006 in Guantanamo-Haft. Der besagte Film zum Thema ist sehr beeindruckend und schwer zu vergessen.
      Ich finde es gut, dass Friedensaktivisten und viele andere dafür sorgen konnten, dass Murat Kurnaz wieder aus der Hölle rausgekommen ist, aber das erst nach 4 Jahren. Die Schlagzeilen um seine Person waren voller Spekulationen.

      Umso schöner, dass hier über seinen Vortrag, ich nehme an, der Autor hat fleißig Notizen gemacht, berichtet wird.

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