Wenig Ahnung durch umso mehr Meinung kompensiert

11

Foto: Hamdi Gökbulut

Kommentar zum Beitrag Doppelte Staatsbürgerschaft erleichtert Kriminalitätvon Heinz Buschkowsky 

Heinz Buschkowsky,

selten war ich mir meines Handelns bewusster als in eben diesem Moment, in dem ich Sie weder als einen „lieben Genossen“, noch als einen „sehr geehrten Herren“ anspreche. Denn während das erstere schlichtweg gelogen wäre, wäre das letztere in Heuchelei kaum zu übertreffen.

Ebenfalls selten habe ich mich mehr als in diesen Tagen geschämt, 1.) ein SPD-Mitglied zu sein und 2.) ein Deutscher zu sein. Ein Deutscher mit einem zweiten, türkischen Pass, versteht sich.

Doch eines muss man Ihnen lassen: Immerhin haben Sie es nicht geschafft, Thilo Sarrazin in seinen menschenverachtenden Aussagen zu übertreffen. Noch nicht! Strengen Sie sich an!

Was ich in diesem Text hier machen will? Ganz einfach: Ich lasse einige Ihrer Aussagen aus Ihrer Kolumne vom 06.02.2013 noch einmal auf meiner Zunge zergehen. Aber diesmal schreibe ich mein verbal Erbrochenes sofort nieder, statt leer in den Raum hineinzubrüllen.

Immerhin sind Sie seit einiger Zeit ja erfolgreich darin, Erbrochenes niederzuschreiben und es dann gut zu verkaufen. Warum sollte nicht auch ich es mal versuchen?

Na dann fangen wir mal an:

Sie schreiben über einen mutmaßlichen Haupttäter im Zusammenhang mit einem brutalen Tötungsdelikt, der sich in die Türkei abgesetzt hatte und später die deutsche Staatsbürgerschaft ablegte, weswegen er nicht mehr nach Deutschland ausgeliefert werden kann.

Ihre Aussage dazu:

„Der Spott dieses Typen und unsere Ohnmacht lassen mich über Sinn oder Unsinn der doppelten Staatsangehörigkeit nachdenken.“

Nun, diese Pauschalisierung und Ihre offensichtliche billige Polemik lassen mich über Sinn oder Unsinn der Relevanz Ihrer Aussagen zu derart ernsten Themen nachdenken.

Auch Ihnen dürfte bekannt sein, dass der Angeklagte nun auch in der Türkei per Haftbefehl gesucht wird. Dies zu verschweigen und dadurch den Eindruck zu erwecken, dass er der Justiz entkommen würde, ist eine Frechheit. Übrigens schreibt selbst die „Welt“ am 06.03.13: „Bei einer Verurteilung in der Türkei könnte dem Mann eine höhere Strafe drohen als in Deutschland, auch weil dort das Jugendstrafrecht nicht angewendet wird.“ Die deutsche Justiz hingegen hat weder eine Anklage wegen Mordes noch wegen Totschlages erhoben. Gut, konnten Sie damals noch nicht wissen. Wäre aber nicht allzu schwer zu erahnen gewesen. Hätte sich aber nicht so gut für Stammtischgepoltere geeignet. Sei’s drum.

Später schreiben Sie noch:

„Die Begehrlichkeit nach mehreren Pässen muss andere als Reisegründe haben. Es kann Rosinenpicken sein, um hier oder dort Vorteile im Sozialsystem, bei der Krankheits- und Altersversorgung oder beim Aufenthaltsrecht abzugreifen.“

Logisch, dass Ihrem Pauschalurteil ein Generalverdacht folgt. Mit einer differenzierten Analyse dieser Thematik hat das natürlich nichts zu tun. Aber was kann man auch schon erwarten von jemandem, der sich auf das BILD-Niveau herabgelassen hat? Und schon wieder sind es die bösen Ausländer, die sich wie Zecken an unsere Sozialsysteme klammern und diese aussaugen. Dass es eigentlich um die Zugehörigkeit, Identität und Persönlichkeitsbildung von Hunderttausenden jungen Menschen geht, ignorieren Sie schlichtweg. Offenbar weil Sie als Befürworter des Kindergartenzwangs ab dem 1. Geburtstag ohnehin die staatlich genormte Einheitspersönlichkeit anstreben, sodass das Denken und Fühlen von Oben abgenommen wird.

„Wozu braucht ein normaler Mensch eigentlich zwei oder gar noch mehr Pässe? Ich hatte bisher immer nur einen.“

Jetzt sind Sie normal und Menschen mit zwei Pässen nicht!?

„Er sagt ja auch nur, wer ich bin und aus welchem Land ich komme.“

Meine Mutter ist in der Türkei aufgewachsen und mein Vater in Deutschland.

Wer ICH bin? – Deutschtürke!

Aus welchem Land ICH komme? – Aus Deutschland UND aus der Türkei.

Ich trage beide Zugehörigkeiten in mir. Ich spreche beide Sprachen auf muttersprachlichem Niveau. Ich lebe beiden Kulturen entsprechend.

Wenn ich bei alten Menschen zu Besuch bin, küsse ich aus Respekt den Handrücken ihrer rechten Hand und lege anschließend meine Stirn darauf. Wenn ich alte Menschen im Bus sehe, stehe ich auf und biete ihnen meinen Sitzplatz an.

Doch wenn ich mich mit jemandem verabrede, bin ich verärgert, wenn der andere mehr als zehn Minuten zu spät kommt – egal wie alt er oder sie ist.

Ihrer Logik folgend bin ich sowohl Deutscher als auch Türke.

„Mehrstaatlichkeit erleichtert Kriminalität und dient denen, die Unrechtes im Schilde führen.“

Ach so! Daher weht der Wind!

Bravo! Sie bieten jedem Sachbearbeiter eine Steilvorlage dafür, jeden, der die deutsche als seine zweite Staatsbürgerschaft beantragt, wie einen Kriminellen zu behandeln.

Wenn ich an das Stichwort „kriminelle Ausländer“ dachte, kam mir bislang – von den Politikern demokratischer Parteien – als erstes Roland Koch in den Sinn. Ab jetzt denke ich als erstes an Sie. Versprochen!

„Viele Frauen und Kinder haben schon im Land der zweiten Staatsbürgerschaft ihres Mannes oder des Vaters ihrer Kinder plötzlich bitter erleben müssen, dass Familienrecht ganz legal auch Tyrannei und Leibeigenschaft bedeuten kann.“

Samma, geht’s noch!? An Ihrem Beispiel haben wir in den letzten Wochen bitter erleben müssen, wie unter dem Deckmantel der Sozialdemokratie dümmste diskriminierende Aussagen als ernstzunehmende Standpunkte gehandelt werden können.

Und hören Sie endlich auf, den Frauen- und Kinderschutz als Trojanisches Pferd zur Legitimation Ihrer Xenophobie zu benutzen. Das gehört sich nicht und diese Masche zieht auch nicht mehr! Abgesehen davon, dass man alleine aus den letzten Wochen locker auf Anhieb drei oder vier schwere Verbrechen im erweiterten Verwandtschaftsumfeld von Menschen aufzählen könnte, die sich ihren kulturellen und religiösen Hintergrund mit Ihnen teilen.

„Du kannst nicht Diener zweier Herren sein, sagen die Chinesen. Kluge Leute.“

Die Bürger haben nicht dem Staat zu dienen, sondern anders herum. Und als gewählter Bürgermeister haben Sie sich verpflichtet, den Bürgern zu dienen.

Ich zweifle langsam echt an Ihrem Demokratieverständnis.

Ich runde das ganze hier gerne ab mit einem Zitat von Ihnen vom 12. Oktober 2010:

„Hätten wir nur Aleviten bei uns, hätten wir diese Probleme alle nicht.“

Jetzt teilen Sie also schon Menschen in verschiedene Kategorien, in gute und in schlechte Muslime ein? Halten sich die einen nahe und erklären die anderen zum Feind?

Die effektivste Weise, sich gegen Querulanten zu schützen, ist eben immer noch, sie gegeneinander aufzuhetzen – nicht wahr, Herr Buschkowsky?

Sie beschäftigen die beiden Gruppen schön miteinander, damit sie ja nicht auf den Gedanken kommen, nach den Wahlen von der SPD genau das zu verlangen, was man ihnen vor so ziemlich jeder Wahl in den letzten Jahrzehnten versprochen hat? Übrigens: Selbst aus den Kreisen Ihrer so hochgeschätzten Aleviten kommt ab und an die Bestätigung, dass Sie fehlende Ahnung gerne durch ein Mehr an Meinung zu kompensieren pflegen: http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2013/02/469166/levent-mete-aleviten-sind-nicht-liberaler-als-muslime/

„Mein Gerechtigkeitsgefühl rebelliert, Ihres auch?“

Oooh, ja!

Und ich wiederhole Ihre folgende Aussage:

„Wozu braucht ein normaler Mensch eigentlich zwei oder gar noch mehr Pässe? Ich hatte bisher immer nur einen. Er sagt ja auch nur, wer ich bin und aus welchem Land ich komme.“

Sie sind weder sozial, noch demokratisch. Wozu brauchen Sie noch eine SPD-Mitgliedschaft!?

Herr Buschkowsky, Sie sind doch Berliner:

„Ick kann jar nich soville fressen, wie ick kotzen möchte.“ – Max Liebermann, 1933

Jetzt denken Sie mal darüber nach!

[twitter_hashtag hash=“Buschkowsky, Kriminalität, Sarrazin“ number=“3″ title=““Tweets für {http://integrationsblogger.de/wenig-ahnung-durch-umso-mehr-meinung-kompensiert/?lang=de}“]

Kommentare

Kommentare

Share.

1989 in Hamm geboren und in Bochum aufgewachsen. Die Eltern stammen aus der türkischen Schwarzmeerküste. Hat seine schulische Ausbildung zum Teil in den USA im Austauschjahr absolviert. Seit Oktober 2008 ist er Student der Humanmedizin an der Ruhr-Universität Bochum. Er ist Vorstandsvorsitzender des IBC – International Business Club e.V. aus Gelsenkirchen.

11 Kommentare

  1. Sangil Eun on

    Sehr geehrter Herr Yavuz,

    diese Diskussion in Ländern wie Korea überflüssig ist, in Korea man geboren Koreaner. Man kann also sagen, man ist und “isst“ biologisch koreanisch!

    Deutschland sehr große zügig gewesen ist unqualifizierte Leute hier zu haben erlaubt leben, obwohl nur gebraucht hat einfache Arbeitskräfte. In Korea, wir nicht verstehen von allen Ländern Deutschland 180 Grat Drehung, sehr freundlich Leute arbeiten und leben zu lassen da!

    Länder wie USA, Kanada birth right citizenship es gibt da, aber schauen Sie wo sie sind! Schauen Welt zu diesen Ländern auf? In Deutschland, birth right citizenship kam nie da.

    Insgesamt interessanter Artikel, meine deutsch Unterricht ich werde lesen lassen meine klasse!

    Mit freundlichen Grüßen

    Sangil Eun

  2. Liebe Nina,

    konzentrieren Sie Sich doch bitte nicht nur auf letzte Sätze. Ganz wichtig sind meine Aussagen direkt davor:

    „Akzeptieren Sie mich bitte, wie ich bin. Denn auch ich möchte mich für das Wohl dieses Landes einsetzen. Stellen Sie meine Solidarität zu Deutschland nicht infrage. Denn sonst kriegen wir ein Problem!“

    Und tatsächlich habe ich ein „Problem“ damit, wenn jemand meine Solidarität zu diesem Land infrage stellt. Daran hat sich bis heute und wird sich wahrscheinlich sehr lange nichts ändern.

    Es nervt einfach, in jeder – und ich meine in wirklich JEDER – Diskussion zu diesem Thema auf die selbe primitive Art in die Rolle eines parasitischen Eindringlings gesteckt zu werden. Ich bin darüber glücklich, mir meiner Herkunft und Heimat im Klaren zu sein. Aber Menschen mit einem schwächeren Selbstbewusstsein hilft so etwas nicht gerade, sich zu Deutschland zu bekennen.
    Und genau diese Frage wird mit dem Optionsmodell hunderttausendfach: „Mit uns, oder ohne uns!?“

    Und dann zum Wort „Hasshaltung“… Wir sind hier ja nicht nachts um halb4 in einer Kneipe und sturzbetrunken. Das war also kein „Komm mal her, Freundchen, lass uns das draußen klären“ sondern vielmehr ein „Hör bitte auf, ständig auf diesen wunden Punkt zu drücken!“.

    Sie scheinen Buschkowsky zu mögen, das ist Ihr gutes Recht. Aber Hunderttausende in Deutschland fühlen sich zutiefst beleidigt. Statt sich immer irgendetwas aufzureißen, sollte er vielleicht mal darüber nachdenken, was genau diese Menschen traurig macht. „Importbräute“, also wirklich… Was sind das für Begrifflichkeiten? Ich könnte auch so einige schmutzige Spitznamen für ihn finden, doch ich halte mich zurück.

    Ach und im Übrigen: Wenn’s hart auf hart käme, müsste ich Sie als Arzt behandeln. Das kann ich mir gar nicht aussuchen. Sie aber haben die freie Entscheidung, immer einen großen Bogen um mich herum zu machen.

    Ein solcher Beruf ist es also, den wir Arztanwärter uns ausgesucht haben. Im Regelfall „hassen“ wir keine Menschen :-

  3. Herr Yavuz, Ihr letzter Satz „…denn sonst kriegen wir ein Problem“ in Ihrer Erwiderung auf Ulf Montanus, sagt mir alles über Ihre geistige Haltung. Herr Buschkowsky hat sich für die Problembezirke Berlins den Arsch aufgerissen, Güner Balci, Seyran Ates stehen zu ihm. Und Sie? Von einem Arzt wie Sie in Ihrer Hasshaltung möchte ich als Patient niemals behandelt werden. Nina

    Sie haben in Ihrer Aufzählung noch Holger Apfel vergessen. Damit sie nicht nur linke Sozialisten erwähnen. – D.Red.

  4. Hallo Herr Yavuz,
    das haben Sie prima geschrieben!
    Die Bildzeitungszitate sind ja grotesk! Zum Glück gab’s auch was zum Lachen: „Wozu braucht ein normaler Mensch eigentlich zwei oder gar noch mehr Pässe? Ich hatte bisher immer nur einen.“ – Herr Buschkowsky ist logischerweise in einer ganz und gar anderen Lage… und welchen zweiten Paß könnte er schon erhalten… einen polnischen?
    Heute kam mal wieder ein Radiobericht, in dem voller Stolz und Zufriedenheit berichtet wurde, daß in Chile die deutschen Auswanderer Feuerwehren einrichteten und bis heute pflegen und deutschsprachige Dokumente haben und bis vor kurzem auch noch die Kommandos auf deutsch gaben („Feuerwehr in Südchile – Die „Bomba Alemana“ in Punta Arenas“ http://www.dradio.de/aod/html/?station=1&year=2013&month=09&day=10&page=7& Nr. 64).
    DIESE Verbundenheit zur Herkunft sieht man immer als positiv an!
    Jedoch seltsamerweise nur, wenn Deutsche auswanderten.
    In keinster Weise im gleichen Maße für hierher Zugewanderte!
    Komisch, nicht wahr…
    Immer dieser einseitige deutschtümelnde Blick….
    Genausowenig wird es beanstandet, wenn in Polen Leute mit zwei Staatsangehörigkeiten leben und sogar doppelt abstimmen dürfen. „Erstmals nimmt die deutsche Minderheit in Polen an der Bundestagswahl teil“ http://www.dradio.de/dlf/sendungen/europaheute/2236165/ „Ryszard Galla, der als einziger Vertreter der deutschen Minderheit im polnischen Parlament sitzt, wird von seinem neuen Wahlrecht auf jeden Fall Gebrauch machen.“
    Noch ein Wort zur angeblichen Rosinenpickerei: Wieso soll man durch eine doppelte Staatsbürgerschaft nur Vorteile haben? Schließlich sind mit einer Staatsangehörigkeit auch Pflichten verbunden! Nicht nur die Wehrpflicht, sondern derzeit erleben das so einige deutsche Rentner/innen im Ausland: Steuerzahlungspflichten. http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/reportage/1966792/ „Wie Rentner im Ausland besteuert werden“
    Also ich habe VOLLSTES Verständnis dafür, daß man sich zu beiden Ländern hingezogen fühlt, einerseits zu dem Land, wo man geboren ist und wohnt, und andererseits auch zum Land der Eltern/Verwandten. Das ist doch leicht nachvollziehbar! Es würde einem doch auch selbst so gehen. Und es ist überhaupt nichts Schlimmes, Schlechtes daran!
    Ein doppelter Paß ist eine vernünftige Lösung. Ich befürworte das schon immer.
    Warum soll man sich unnötig und ultimativ entscheiden müssen. Das bringt bloß vermeidbare Probleme mit sich.
    Hier noch ein Beispiel, wo sich dann die Deutschen wieder aufregen, – weil’s nämlich Deutsche trifft: „In der Türkei lebende Deutsche – Plötzlich ausgebürgert. Weil sie eine Verwaltungsfrist versäumt hat, verliert Rebekka Haas-Cetin ihren deutschen Pass. Sie aber will ihre Staatsbürgerschaft zurück.“ http://www.taz.de/!122913/

  5. Naja, die Ausdrucksweise „Importbräute“ und „Wem Deutschland nicht religiös genug ist, kann ja gehen“ , sind sicherlich nicht sehr intelektuell gewählt, aber noch lange nicht so reißerrisch, gefährlich, bedrohlich und Hass schürend, wie „Herrenmenschentum“ und „Zwangsassimilation“.
    Es nützt uns auch nichts, wenn wir die Augen vor den Problemen schließen, die tatsächlich bereits vorhanden sind. Es gibt in der Welt, zum Glück, die unterschiedlichsten Kulturen mit den unterschiedlichsten Mentalitäten. Sie sind eine Bereicherung für jedes Land, wenn sie sich friedlich in Harmonie mit den bestehenden Strukturen verbinden. Leider gibt es aber, wie überall auf der Welt, auch Fanatiker, die ihre Lebensphilosophie anderen aufdrücken wollen und nichts von einer freiheitlichen Grundordnung halten. Deswegen sind mir alle Fanatiker, ob Links, Rechts oder Religiös ausgesprochen suspekt und darum setze ich mich sehr dafür ein, dass die freiheitliche Grundordnung hier bestehen bleibt.
    Assimilation von Menschen, die hier leben wollen, halte ich für eine positive Sache, somal sie mit Sicherheit auch nicht mit Zwang durchgeführt wird, sondern eigentlich aus einem selbst schon nach einigen Jahren herrauskommen könnte. Mir selbst ist jedenfalls schon aufgefallen, dass wenn ich in anderen Ländern bin, mir gerne auch einmal die Gepflogenheiten der anderen Kultur zu eigen mache, wenn sie nicht total gegen mein Lebensbild verstossen.
    Parallelgesellschaften wollen sich nicht miteinander verbinden, und damit meine ich nicht die sich gegenseitig bereichernde unterschiedliche Kultur, sondern das Festhalten an starren sich gegenseitig widersprechenden Strukturen und des eigenen Nationalstolzes.
    Das New York sicherer ist, als Berlin halte ich allerdings für ein Gerücht. Ich war vor kurzem noch in New York und mir wurde gesagt, das es bestimmte Stadtteile gibt (Bronx), die man sogar bei Tag nicht unbedingt aufsuchen sollte. Es gibt eine große Zahl von gegenseitig konkurierenden Gangs, die sich aus Mexikanern, Kolumbianern etc. zusammensetzen, die nicht gerade scheu sind, wenn es darum geht ihre Interessen durchzusetzen.
    Religion und Kultur können nicht an allem Schuld sein, denn sie haben meist eine friedliche Ausrichtung! – Es ist der Mensch, der sie oft als Vorwand für sein unfriedliches Handeln missbraucht.
    Das Istanbul, als eine der sichersten Großstädte der Welt gilt, weiß ich nicht zu beurteilen, aber ich weiß, das es dort nicht unbedingt weither mit der Religionsfreiheit und der Akzeptanz für andere Kulturen, von offizieler Seite, ist.

  6. Christian Rogler on

    Tut mir Leid, aber aus der Terminologie, auf die Buschkowsky zurückgreift („Importbräute“, „Wem Deutschland nicht religiös genug ist, kann ja gehen“ usw.), aus dem Stil, den er wählt, um Inhalte (zB die Forderung nach einem Kitazwang) zu transportieren und die Art und Weise, wie er sich selbst inszeniert, erwecken in mir den begründeten Eindruck, dass er es ist, der zündeln und Hass schüren will.

    Darüber hinaus weise ich darauf hin, dass beispielsweise New York sicherer ist als Berlin (was Ihre These von der Gefährlichkeit von „Parallelgesellschaften“ nicht stützt) – und übrigens Istanbul als eine der sichersten Großstädte der Welt überhaupt gilt, was wohl nicht ganz mit den Thesen Sarrazins, Buschkowskys usw., wonach die Kultur und Religion der Einwanderer an allem schuld wäre, konform geht.

  7. Herr Rogler,

    es ist bewundernswert, wie Sie die Gedanken und die Absichten eines Ihnen sicherlich fremden Menschen so genau analysieren und beurteilen können. Ich kann das nicht. – Eine Zwangsassimilation mit Kitazwang und dem Verbot von Familiennachzug erinnert stark an die Wortwahl einer schlimmen längst vergangenen und überwundenen Zeit. So eine Absicht wäre in Deutschland auch Gott Dank nicht mehr durchführbar. Meines Erachtens ist dies auch nicht die Absicht von Herrn Buschkowsky. Der legitime Wunsch von Menschen, im Einklang mit ihren eigenen religiösen und kulturellen Vorstellungen zu leben, solange diese niemanden Dritten beeinträchtigen oder einen Straftat beinhalten, garantiert schon das Grundgesetz. – Was schlimm an einer Parallelgesellschaft sein kann, ist gerade das Abschotten und Nichtverstehen wollen der anderen Gesellschaft. Dieses führt dann nämlich zu Missverständnissen und im schlimmsten Fall zu blutigen Auseinandersetzungen. Das lässt sich übrigens sehr gut in manchen Großstädten der USA beobachten. Solche Verhältnisse hätte ich nicht so gerne in Deutschland. – Bitte unterlassen Sie auch solche Ausdrücke wie neowilhelminisches Herrenmenschentum oder Volksgemeinschaft. Das sind Ausdruckweisen, die nur die Absicht haben können Jemanden in eine Kategorie mit den schlimmsten Verbrechern der Geschichte zu stellen. Sie schüren damit nur Hass und blockieren sämtliche ernsthafte und zielführende Diskusion!

  8. Christian Rogler on

    Was Buschkowsky unter „Integration“ versteht, ist Zwangsassimilation mit Kitazwang und dem Verbot von Familiennachzug. Er will Türkischstämmige zwangsgermanisieren. Der legitime Wunsch von Menschen, im Einklang mit ihren eigenen religiösen und kulturellen Vorstellungen zu leben, solange diese niemanden Dritten beeinträchtigen, ist für ihn Ausdruck einer „Parallelgesellschaft“. Was soll an „Parallelgesellschaften“ überhaupt schlimm sein? Die USA bestehen aus Tausenden davon.

    Buschkowsky steht für ein neowilhelminisches Herrenmenschentum, das von einer „überlegenen europäischen Kultur“ ausgeht, die so perfekt ist, dass sie sich nicht mehr nur nie wieder verändern müsste, sondern dass Europäer auch berechtigt wären, sie anderen aufzuzwingen. Sie suggeriert, dass Migrantencommunities nicht in der Lage wären, Missstände als solche zu erkennen, wenn ihnen dies nicht erst durch die imaginäre deutsche „Volksgemeinschaft“ deutlich gemacht werden würde.

    Er ethnisiert allgemeine soziale und moralische Probleme, die erst durch etatistische und sozialistische deutsche Politik geschaffen wurden.

  9. Lieber Herr Yavuz,

    jemand der in Berlin-Neuköln als Bürgermeister sich für die Integration einsetzt, aber auch auf Misstände hinweist, verdient meinen Respekt schon!
    Sie mögen dies als Stammtischgelaber abtun, nehmen sich aber der selben Art der Wortwahl an.
    Sie brauchen sich auch nicht zu sorgen, dass ich Angst hätte, dass Sie mich in die Nazi-Ecke packen, denn das wäre mehr als nur lächerlich und dumm! Ich könnte jetzt genauso reagieren und Ihnen sagen, dass Sie keine Angst haben brauchen, dass ich Sie in die Radikalen-Ecke der Linken oder der Islamisten packen würde, denn das wäre wahrscheinlich genauso falsch und einer ernsthaften Diskusion nicht würdig!
    Allgemein beobachte ich, dass Leute sich nicht unbedingt solidarisch zu dem Land zeigen, in dem sie freiwillig zu leben wählen, sondern sich auch gerne ihre Besonderheiten herausnehmen wollen. Es gibt immer solche, aber auch andere. Das halte ich für logisch! – Ich gebe Ihnen recht, wenn Sie sagen, dass Niemand gezwungen werden soll seinen Pass abzugeben, wenn dieser ihm tatsächlich soviel für seine Existenz bedeutet. Man darf dann sicher aber auch die Frage stellen, wozu er dann noch den zweiten Pass haben möchte? Sie sprechen von Emotionen vergessen aber dabei, dass es tausende von Menschen gab und gibt, die aus der Emotion der Solidarität und ihrem Zugehörigkeitsgefühl für ihre neue Heimat gerne auf ihre zweite Staatsbürgerschaft verzichtet haben. In der breiten Öffentlichkeit ist ein solches Verhalten bestimmt auch nicht verwerflich! – Viele meiner Freunde und Bekannten haben sich so entschieden! – Da kann man sicherlich auch von Emotionen sprechen und in sofern gebe ich Ihnen recht, wenn Sie sagen, dass man wahrscheinlich bei diesem Thema Emotionen nicht aus dem Spiel lassen kann.
    Das die doppelte Staatsbürgerschaft zu Parallelgesellschaften führen kann, liegt eigentlich auf der Hand und somit liegen Sie falsch. Die Akzeptanz in der breiten Masse der Bevölkerung für Bürger mit mehreren Pässen ist sicherlich auch nicht unbedingt gegeben. Übrigens zeige ich sehr viel Empathie für Menschen, die sich in einer schwierigen emotionalen Situation befinden und finde es umso bemerkenswerter, wenn sie zu einer klaren Entscheidung gefunden haben. Meine Meinung bleibt bestehen, das ein Pass nicht die Solidarität zu einer Nation bedeutet. Sie sprechen von Heranwachsenden, deren Identität sich gerade bildet und meinen gleichzeitig, dass diese deshalb besonders mit zwei Pässen gut leben könnten. Ich könnte Ihnen einige Beispiele nennen, bei denen gerade Heranwachsende durch die doppelte Staatsbürgerschaftsmöglichkeit gerade den deutschen Pass nur als Fetzen Papier, der nichts wert wäre, betiteln. Schaffen wir wirklich gespaltene Persönlichkeiten, wenn man sich zu seiner neuen Heimat bekennt?
    Das dieses Land Ministerpräsidenten und andere hochrangige Politiker mit doppelter Staatsbürgerschaft überlebt hat, ist nicht besonders bemerkenswert, weil ich dieses auch nie in Frage stellen würde. Die Frage, die sich stellt, ist eher die, ob diese Politiker sich auch wirklich immer zu einhundert Prozent für die Interesse der Bürger, die sie gewählt haben, eingesetzt haben. Das kann sein, muss aber auch nicht sein.
    Sie sprechen nun das Thema der Türken an und behaupten, das plötzlich jetzt deswegen neue Argumente aufkommen würden. – Dieses weise ich mit aller Entschiedenheit zurück! – Es geht mir um die generelle Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft und da ist mir die ehemalige Staatsangehörigkeit desjenigen, der eine doppelte Staatsbürgerschaft haben möchte vollkommen egal. Es gibt bereits einige Bürger mit doppelter Staatsbürgerschaft, bei denen ich den Sachverhalt genauso kritisch sehe, wie bei Jedem anderen, der eine doppelte Staatsbürgerschaft haben möchte. Es gibt einige Härtefälle, die eine Ausnahme rechtfertigen, da die Antragsteller bei der Abgabe ihres alten Passes mit erheblichen Repressalien in ihren ehemaligen Ländern rechnen müssten.

    Und jetzt passen Sie auf: Einige meiner besten Freunde kommen ursprünglich aus der Türkei und fühlen sich nicht stiefmütterlich behandelt. Es gibt sicherlich immer noch einige dumme ausländerfeindliche Menschen, aber die Mehrheit ist das in Deutschland nicht. – Sie schreiben ja auch selber, das dieses Land Ihnen eine erstklassige Ausbildung ermöglicht hat und das es Ihnen nicht in erster Linie um die tausend Menschen geht, die einem Optionszwang ausgesetzt sind, sondern um Deutschland. – Meiner Meinung nach hat sich noch niemand einen Gefallen getan, der sich nicht auch, bei einer manchmal auch noch so schweren Entscheidung, für eine von zwei Optionen entschieden hat.
    Um das Wirtschaftswachtum in Deutschland mache ich mir im Augenblick noch nicht so viele Sorgen, wie um die Innere Sicherheit ! – Wir stellen auch Niemanden vor die Wahl: Nur mit uns oder ohne uns! – Es geht um die deutsche Staatsbürgerschaft und diese ist nach meinem emotionalen Empfinden eben keine Zweitklassigkeit.

    Das mit dem Wahlrecht in Europa haben Sie nicht verstanden. Wenn ich eine doppelte Staatsbürgerschaft habe, darf ich in beiden Ländern wählen, von denen ich die Staatsbürgerschaft habe. Dies hat einen Einfluss auf Europa, da jedes Mitglied in Europa natürlich seine Interessen in Europa wahren und durchsetzen möchte.
    Es entspricht auch nicht der Realität, das Menschen, die seit Jahrzehnten hier wohnen, nicht einmal kommunal mitwählen dürfen.
    Den Satz, dass die Menschen die einzige 100% Zugehörigkeit aufgeben sollen, um eventuell mal ganz zu Deutschland gehören zu dürfen, müssen sie mir einmal erklären. Meinen Demokratieverständnis widerspricht es total, wenn Menschen bei Wahlen mitentscheiden sollen, sich aber gar nicht mit dem Land oder dem System identifizieren.

    Abschließend möchte ich Ihnen sagen: Es freut mich, dass Sie sich als Deutscher mit türkischen Wurzeln bezeichnen. Ausserdem akzeptiere ich Jeden, so wie er ist, sofern er nicht Andere verleumdet, verletzt, bedroht oder Gewalt antut. Denn dann bekommt er auch ein Problem mit mir. Ihre Solidarität zu Deutschland stelle ich nicht in Frage. Ich gehe auch davon aus, dass Sie mir mit Ihrem letzten Satz nicht drohen wollten. Denn sonst kriegen wir ein Problem!

  10. Lieber Herr Montanus,

    jemand, der mit seinen Aussagen ganze Menschenmassen unter Generalverdacht stellt und mit irrationalem Stammtischgelaber meint sich in ernsten Debatten zu Worte melden zu müssen, verdient meinen Respekt nicht. Wenn man mit Mist in alle Richtungen um sich wirft darf man sich nicht beschweren, wenn mal jemand zurück wirft.

    Ihre Aussage, dass Sie eine Vielzahl der Migranten als eine Bereicherung ansehen, finde ich überflüssig. Keine Angst, ich werde Sie nicht in die Nazi-Ecke packen nur weil Sie nicht meine Meinung teilen. Das wäre zu einfach und einer ernsthaften Diskussion nicht würdig.

    Allgemein beobachte ich, dass sich Leute gerade dem Land gegenüber solidarisch zeigen, in dem sie freiwillig zu leben wählen. Das ist doch soweit auch ganz logisch, oder? Wenn ich die Möglichkeit habe, zwischen zwei Aufenthaltsorten frei zu wählen, dann werde ich mich wohl auch eher an dem Ort, den ich gewählt habe, wohl fühlen. Schwierig wird es aber, wenn Menschen gar nicht so frei wählen, in Deutschland zu leben, sondern aus existenziellen Gründen hier sind. Wenn man diesen Menschen dann auch noch ihren zweiten Pass und somit einen Teil ihrer selbst wegnimmt, fördert man nicht gerade ihre Solidarität zu Deutschland. Hier wird keine „emotionale Karte“ gezogen, sondern die Tatsachen werden so dargestellt, wie sie sind. Menschen handeln nun einmal von Emotionen getrieben. Wenn Sie Emotionen aus dem Spiel lassen wollen, müssen Sie über andere Themen sprechen. Aber wenn Sie über Menschen und deren Zugehörigkeitsgefühle sprechen, dann spielen Emotionen einfach eine Rolle.

    Die Entstehung von Parallelgesellschaften wird sicherlich nicht durch die Doppelte Staatsbürgerschaft gefördert. Sie liegen da einfach falsch und zeigen keinerlei Empathie für die Menschen, die in dieser Situation sind. Es geht um junge Heranwachsende – um Menschen, deren Identität sich gerade bildet. Und gerade in dieser Zeit verfolgt ihre Kanzlerin eine Politik, die sie dazu zwingt, sich gegen einen Teil ihrer eigenen Identität zu entscheiden, um sich nicht auch noch den anderen Teil aus den Händen nehmen zu lassen. Damit fördern wir in keiner Weise die Solidarität zu Deutschland. Wir schaffen gespaltene Persönlichkeiten, sonst nichts!

    Dieses Land hat auch schon einen Ministerpräsidenten und andere hochrangige Politiker überlebt, die die Doppelte Staatsbürgerschaft hatten. Die Solidarität dieser Menschen wurde kaum infrage gestellt. Seltsamerweise kommen neue Argumente auf, wenn es sich um Türken handelt. Wir haben es einfach satt, ist es so schwer das zu verstehen? Seit drei Generationen werden wir stiefmütterlich behandelt. Es reicht!

    Und jetzt passen Sie auf: Es geht mir vorrangig weder um mich persönlich, noch um die Tausenden, die dem Optionszwang ausgesetzt sind. Es geht mir um Deutschland. Um das Land, das mir eine hochklassige Ausbildung ermöglicht und mich zu dem gemacht hat, was ich bin. Und dieses Land verspielt ihr eigenes Potential. Wir reden über Menschen, die neben Deutschland ein zweites Land als ihre Heimat bezeichnen. Diese zweite Heimat hat ein Wirtschaftswachstum, von dem wir in Deutschland nur träumen können. Und was machen wir? Wir versagen darin, unsere Chancen zu nutzen. Stattdessen stellen wir die Menschen vor die Wahl: Nur mit uns, oder ohne uns! Wissen Sie was ich mit Freunden gemacht habe, die mich vor eine solche Wahl gestellt haben? Ich habe ihnen den Rücken gekehrt.

    Ich persönlich kann wohl von Glück reden, dass ich nicht wählen muss. Da ich vor 1999 eingebürgert wurde, kann ich beide Staatsangehörigkeiten behalten. Umso unfairer ist es für die jenigen, die nur einen Fehler gemacht haben: Sie sind zu spät auf die Welt gekommen.

    Das mit dem Europawahlrecht haben Sie nicht verstanden. Sowohl das aktive, als auch das passive Wahlrecht darf nur in jeweils einem EU-Mitgliedsstaat ausgeübt werden.
    Wir haben es jedoch in Deutschland mit genau dem gegenteiligen Problem zu tun: Zehntausende Menschen, die seit Jahrzehnten hier wohnen, dürfen noch nicht einmal kommunal wählen und über die Dinge vor ihrer eigenen Haustür mitentscheiden. Das widerspricht doch jeglichem Demokratieverständnis. Und ein Land, das ihnen noch nicht einmal ein solch elementares Recht gewährt, verlangt, dass sie die einzige 100%ige Zugehörigkeit aufgeben, um eventuell mal ganz zu Deutschland gehören zu dürfen. Ich verstehe schon, warum sich viele dagegen entscheiden.

    Über Erdogan werde ich an dieser Stelle nicht sprechen. Die pathologische Suche nach Schuldigen außerhalb des eigentlichen Schauplatzes geht mir auch auf die Nerven. Können wir über interne Dinge auch mal intern entscheiden?

    Abschließend möchte ich Ihnen sagen: Ich bin Deutscher mit türkischen Wurzeln. Wenn ich in der Türkei bin, bin ich Türke mit deutschem Habitus. Akzeptieren Sie mich bitte, wie ich bin. Denn auch ich möchte mich für das Wohl dieses Landes einsetzen. Stellen Sie meine Solidarität zu Deutschland nicht infrage. Denn sonst kriegen wir ein Problem!

  11. Herr Yavuz,

    Sie machen es sich auch ein wenig einfach! – Es wäre schön, wenn auf allen politischen und menschlichen Ebenen der Respekt vor dem Andersdenkenden auch sprachlich noch eingehalten würde! – Das Anschreiben an Herrn Buschkowsky entspricht nicht dieser Tatsache!

    Nun zum eigentlichen Thema: Doppelte Staatsbürgerschaft! – Nur damit man sich nicht falsch versteht, möchte ich von vorneherein darauf aufmerksam machen, dass ich eine Vielzahl der Migranten, die nach Deutschland kommen, als eine Bereicherung für dieses Land ansehe.

    Nun aber generell die doppelte Staatsbürgerschaft auszurufen, halte ich für übertrieben und auch für die Eingliederung dieser Menschen eher für hinderlich. – Nur weil Jemand einen Pass von einem Land hat, wird er nicht auch gleich ein überzeugter Bürger dieses Landes und setzt sich für dessen Grundordnung ein. Umgekehrt muß ich auch sagen, nur weil Jemand den Pass seines Geburtslandes abgibt, muß er nicht gleich damit zum Ausdruck bringen, dass er dieses Land nicht mehr liebt oder gar keine Beziehungen mehr dazu hat.
    In diesem Zusammenhang kann man allerdings kaum noch logisch diskutieren, weil sofort die emotionale Karte gezogen wird.

    Die Befürchtung, das Paralellgesellschaften entstehen, ist mit doppelter Staatsbürgerschaft, meines Erachtens noch größer, da man sich ja nicht zu hundert Prozent für ein Land entscheiden muß und somit nicht unbedingt die Sprache, die Gepflogenheiten und die Mentalität verstehen muß, um dennoch alle Vorteile auf Dauer in Anspruch nehmen zu können. Sollte eine Staatsbürgerschaft unangenehm werden, kann ich mich immer noch auf meine zweite Staatsbürgerschaft zurückziehen. – Die Problematik des Wählens und des Gewählt werdens, habe ich noch gar nicht angesprochen. Es wäre zumindestens Nachdenkenswert, ob ein gewählter Staatsbürger mit doppelter Staatsbürgerschaft nicht vielleicht bei Staatsgeschäften die Interessen seines zweiten Staates mit in die Entscheidungen für seinen ersten Staat mit einfliessen lassen würde. Dann ist eigentlich die hundertprozentige Vertretung des Staates in dem er gewählt wurde nicht mehr gegeben. – Sollte der Bürger mit der doppelten Staatsbürgerschaft auch noch von einem zweiten Land in Europa die Staatsbürgerschaft haben, was übrigens heute schon oftmals der Fall ist, so kann er auch doppelt soviel Einfluß auf die Europapolitik nehmen, als ein einfacher Staatsbürger. Wo bleibt da bitte die Gerechtigkeit?
    Es gäbe noch vieles dazu zu sagen, wie die Äusserungen eines Herrn Erdogan, der die Assimilation von Türken in Deutschland für ein Verbrechen hält und Türken die dennoch Deutsche werden wollen und ihren türkischen Pass abgeben mit Repressalien im Erbschaftsrecht in der Türkei bedroht oder Beschimpfungen eines Deutschen Namens Özil, weil er für die deutsche Nationalmannschaft Fußball spielt etc.
    Abschließend würde es mich sehr freuen, wenn wir auch in der Presse nicht mehr von Deutschen mit Migrationshintergrund sprechen würden, sondern nur noch von Deutschen, wenn diese sich für den deutschen Pass entschieden haben.

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung
Die Integrationsblogger